Ein wenig unsicher, aber unbeirrt stakst die Dame mit ihrem Gehstock über den Asphalt vor dem Eingang zum Betriebsgelände. Es wird sonnig warm an diesem Sonntagmorgen, dem Europa-Wahltag, in Achern. Der Vorhof füllt sich. Menschen allen Alters treffen ein, Junge wie Alte, an Technik Interessierte, Eltern mit ihren Kindern oder einfach nur Neugierige aus den umliegenden Gemeinden. In einem Festzelt ertönt Blasmusik. "Ich bin aus der Nachbarschaft, lebe seit vierzig Jahren hier", entgegnet sie mit fester Stimme, "jetzt will ich endlich wissen, was hier vor sich geht". Zielstrebig sucht die gut Achtzigjährige den Anschluss an eine Besuchergruppe, die sich auf blauen Ausläufern durch die Produktionshalle bewegt. Es ist "Tag der offenen Tür" bei der Fritsch Elektronik in Acherns Stadtteil Önsbach.

Und es darf gefeiert werden: An diesem Tag, dem 23. Mai 2019, steht das 50-jährige Jubiläum des Unternehmens an. Was die betagte Dame und all die anderen Gäste erwarten wird, ist ein Betrieb, der mit der ersten bemannten Mondlandung im Juli 1969 etwas gemein hat: die Beschäftigung mit elektronischen Leiterplatten. Sie sind die "Gehirne", ohne die kein technisches Produkt gesteuert werden kann. Tagtäglich werden sie hier inzwischen zu Tausenden gefertigt, von präzise arbeitenden Hightech- Maschinen ausgebracht. "Damals, vor fünf Jahrzehnten, war das Wissen darüber, was die flachen, meist grünen oder braunen Kunststoffplatten künftig mit ihren kleinen elektronischen Bauteilen zu leisten vermögen, noch denkbar gering", führt Matthias Sester, Geschäftsführer der Fritsch Elektronik, an, "vergleichbar mit der heutigen hochentwickelten Technologie wäre das so, als hätte man die Astronautenfähre mit dem elektronischen Innenleben einer Espressomaschine zum Mond geschickt."

Das Geschäft mit den Bauteilen: klein, teuer und hochempfindlich

Teilweise nur noch Stecknadelkopf groß sind die Bauteile, die das badische Unternehmen mit seiner über 100-köpfigen Belegschaft im Auftrag seiner Kunden auf die Platinen bringt. Auch hier erstaunt so manchen Laien der Vergleich: die so genannte "Musiktruhe", ein massives Radio und Plattenspieler bestücktes Möbelstück der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts besaß Platinen mit Kondensatoren, die die Ausmaße einer Kinderfaust hatten. Das ganze elektronische Innenleben würde heute auf einen Mikrochip passen, den man nur noch mit der Lupe erkennt. Bei manchen Produkten mit Mikroprozessoren muss der Herstellungsprozess absolut staubfrei geschehen, wie Matthias Sester die Arbeitsweise der zumeist vollautomatischen Fertigungslinien an einem Monitor erklärt. Wie kostspielig die Mini-Elektronikteilchen sein können wird deutlich, wenn man den durchschnittlichen Wert des Warenbestandes der Fritsch Elektronik kennt: Rund 8 Millionen Euro schlummern als Bauteile nicht nur in den Regalen. Manche sind derart empfindlich, dass sie vakuumverpackt oder mit Stickstoff begast in gesonderten Kühlkammern zwischengelagert werden müssen. Knapp eine Million Euro davon wird monatlich auf den Leiterplatten verbaut.

Ausblick mit Zukunft: hilfreiche Fachkräfte gesucht

Während an diesem Schautag rund 600 Gäste erfahren, dass das Unternehmen Fritsch in 50 Jahren rund 2 Milliarden elektronische Komponenten mit über 5.000 Kilometern Lötzinn in 1,7 Millionen Arbeitsstunden verarbeitet hat, rüstet man sich draußen vor der Fertigungshalle zur Höhenfahrt. Gäste, die das Kribbeln im Bauch suchen, lassen sich von einem Kran in einer Gitterbox in luftige Höhe ziehen. Auch Acherns Oberbürgermeister Klaus Muttach und Önsbachs Ortsvorsteherin Christine Rösch, fassen sich ein Herz, gemeinsam mit dem Fritsch-Geschäftsführer Sester in 50 Metern über dem Betriebsgelände schwebend den wolkenfreien Blick vom Schwarzwald bis zu den Vogesen zu genießen.

Während und nach der gemeinsamen Fernsicht waren sich die drei einig, auch den Blick auf die künftige Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Achern und den Ortenaukreis im Fokus zu halten. "Mittelständische Unternehmen mit einer langen Tradition wie die Fritsch Elektronik sind tragende Säulen der Wirtschaft in unserer Region", betont Acherns Oberbürgermeister Klaus Muttach, "wir von der Gemeinde unternehmen Einiges, um neue Unternehmen für unseren Gewerbestandort zu gewinnen." Allein in den letzten Jahren konnten nach seinen Angaben über 2.000 Fachkräfte neu gewonnen werden. Mit dazu betragen würden nach Ansicht der Önsbacher Ortsvorsteherin Christine Rösch auch die familien- und kinderfreundliche Infrastruktur und bezahlbare Bauplätze. Als ebenfalls amtierender Erster Vorsitzender des Wirtschaftskreises WRO, der Wirtschaftsregion Ortenaukreis, müht sich Klaus Muttach auch, die Kontakte ins benachbarte Frankreich zu nutzen, um die Anwerbung von Arbeitskräften zu unterstützen.

"Wir können gar nicht genug die Trommel dafür rühren", ergänzt Matthias Sester, "wir haben seit langer Zeit und auf lange Sicht Hochkonjunktur. Wer bei uns anfängt, blickt mit uns in eine gesunde Zukunft."

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