Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg und die Creditreform Bonn Rossen KG warnen vor einer Trendwende bei den Insolvenzen und fordern weitere Unterstützungsmaßnahmen. Da die aktuellen landesweiten Insolvenzzahlen auch durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach wie vor eher niedrig sind, hat die Creditreform Bonn Rossen eigene regionale Zahlen ausgewertet – mit alarmierenden Ergebnissen. „Nachdem wir im Jahr 2020 in Bonn/Rhein-Sieg eine rückläufige Insolvenzentwicklung beobachten konnten, scheint sich nun im ersten Quartal 2021 eine Trendwende abzuzeichnen“, sagt Creditreform-Geschäftsführer Jörg Rossen.

Die Verbraucherinsolvenzverfahren haben im ersten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahresquartal um 52 Prozent zugenommen. Rossen: „Der Anstieg ist vermutlich zu einem großen Anteil auf die am 01.01.2021 in Kraft getretene Verkürzung der Verfahrensdauer zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre zurückzuführen. Schuldnerberatungsstellen haben in der zweiten Jahreshälfte 2020, als die Gesetzesnovelle mit der Erleichterung für Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren absehbar war, dahingehend beraten, den Insolvenzantrag erst im neuen Jahr zu stellen. Unabhängig von diesem Nachholeffekt verdichten sich die Anzeichen für eine Zunahme der Verbraucherinsolvenzen ebenso wie die Unternehmensinsolvenzen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung infolge der Covid-19-Pandemie trotz der durch die Politik initiierten Hilfsprogramme.“ Bei den Unternehmensinsolvenzen scheint der Abwärtstrend des Vorjahres nun auch in Bonn/Rhein-Sieg gebrochen zu sein. Die Firmenpleiten bewegen sich im ersten Quartal 2021 auf dem Vorjahresniveau.

Die Einschätzungen von Creditreform Bonn teilt Regina Rosenstock, Gesamtbereichsleiterin Unternehmensförderung der IHK Bonn/Rhein-Sieg: „Bislang haben die direkten Hilfen wie auch die rechtlichen Regelungen im Insolvenzrecht einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen verhindert. Mit dem Auslaufen der Ausnahmeregelungen Ende April befürchten wir eine Trendwende.“ So steigen nach den Zahlen von IT.NRW bereits jetzt die Privatinsolvenzen um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Darunter sind wahrscheinlich auch viele Soloselbstständige und Kleinunternehmen in den geschlossenen Branchen, die ohne Perspektive nun die Geschäftstätigkeit einstellen, um den weiteren finanziellen Schaden von sich abzuwenden, denen aber auch häufig der Durchhaltewille verloren gegangen ist. „Ein Neustart wird für viele betroffene Unternehmen ohne erforderliche Rücklagen ein Kraftakt“, so Rosenstock. Die IHK fordert deshalb ergänzende Unterstützungsmaßnahmen und Förderprogramme zur Finanzierung: „Trotz der Fördermaßnahmen haben viele Unternehmen nach den mehrfachen Vorbereitungen auf eine Wiederöffnung ihre Rücklagen aufgebraucht und können Waren und Betriebsmittel nicht mehr aus eigener Kraft vorfinanzieren. Mit einer passgenauen Unterstützung sollte diesen Unternehmen ermöglicht werden, den Neustart nach dem Lockdown zu finanzieren.“

Nach über einem Jahr der Krise hätten viele Soloselbständige und Unternehmen auch ihre privaten Rücklagen – darunter auch Geld für die Altersvorsorge – für ihren Lebensunterhalt und zur Aufrechterhaltung ihres Betriebs aufgebraucht. Rosenstock: „Viele in den besonders betroffenen Branchen im Gastgewebe, der Freizeit- und Tourismuswirtschaft und in der Kultur- und Kreativwirtschaft stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir fürchten deshalb Geschäftsaufgaben, ohne dass nach einer Nachfolge gesucht wird. Noch ist unklar, in wie vielen Unternehmen ein Wiederanfahren nicht mehr geplant ist.“

„Die IHK Bonn/Rhein-Sieg hat auf die aktuelle Situation mit einem speziellen Beratungsangebot zu den Themen reagiert“, so IHK-Bereichsleiteiter Recht und Steuern Detlev Langer. Unter den Webcodes @75 und @2081 sind auf der IHK-Homepage unter www.ihk-bonn.de sowohl Informationen und Videos zu den Themen Insolvenz und Unterstützung in der Krise zu finden.

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