Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen wirtschaftlichen Reaktionen und Sanktionen beschäftigen auch das Handwerk in der Region. Das machte die Handwerkskammer Freiburg in einer digitalen Pressekonferenz am Donnerstag, 31. März, deutlich. Die Mitgliedsunternehmen der Kammer engagieren sich laut einer Umfrage stark bei Unterstützungs- und Hilfsleistungen, sind bereit zur Integration ukrainischer Fachkräfte und merken die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts deutlich.

Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg, dazu:

„Der Krieg in der Ukraine hat uns alle ein Stück weit sprachlos gemacht. Aufgrund der Bilder und Nachrichten, die uns täglich aus der Ukraine erreichen, aber auch durch die Menschen, die von dort flüchten und hier in Deutschland ankommen, ist das südbadische Handwerk betroffen und getroffen. Auch in unseren Handwerksbetrieben arbeiten Ukrainer und Menschen mit ukrainischen Wurzeln. Als Handwerksfamilie, als Gemeinschaft bietet das Handwerk in Krisen immer Halt und Stabilität – auch deshalb bin ich stolz, Handwerker zu sein.

Diese Stabilität möchten unsere Betriebe den Beschäftigten hier, aber auch den Geflüchteten weiterhin bieten, wo es möglich ist: Schon in den ersten vier Wochen hat mehr als ein Drittel unserer Betriebe aktiv den Betroffenen des Krieges Unterstützung geleistet. Die Hilfsbereitschaft ist also enorm. Davon haben über 60 Prozent bereits finanzielle Hilfe geleistet. Deutlich mehr als ein Drittel der Betriebe unterstützt zudem Hilfslieferungen in die Ukraine. Jeder zehnte Betrieb hat bereits Wohnraum zu Verfügung gestellt oder Geflüchtete hier in Südbaden mit handwerklichen Hilfsleistungen unterstützt.“

Dr. Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Geschäftsleitung der Handwerkskammer Freiburg, ergänzt:

„Das südbadische Handwerk will den ukrainischen Menschen aber auch noch auf andere Weise Unterstützung bieten: Durch die Integration auf dem Arbeitsmarkt. Zwei Drittel unserer Betriebe sind daran interessiert, Geflüchtete aus der Ukraine in Arbeit zu bringen. Und das obwohl nicht einmal 15 Prozent bisher Erfahrungen mit ukrainisch- oder russischsprachigen Beschäftigten haben. Das bedeutet eine immense Integrationsleistung, zu der das südbadische Handwerk bereit ist.

Die Türen der südbadischen Betriebe stehen offen. Viele Betriebe sind bereit, zu integrieren – an erster Stelle vor allem Fachkräfte. An zweiter Stelle liegen hier Helfer, an dritter Stelle Auszubildende. Mit Blick auf den Bedarf bereits ausgebildeter Fachkräfte zeigt sich: Die Themen Arbeitserlaubnis und Anerkennung werden hierbei in absehbarer Zeit wesentliche Knackpunkte für eine erfolgreiche Integrationsleistung. Wichtig werden insbesondere schnelle Verfahren zur Arbeitserlaubnis – hier sind die Ämter gefordert, einen schlanken Prozess aufzubauen und umzusetzen.

Neben den Hilfs- und Unterstützungsleistungen ist der Krieg in der Ukraine für unsere Mitgliedsbetriebe aber noch auf einer weiteren Ebene prägend: Schon nach vier Wochen berichten uns 13 Prozent der Betriebe, dass die Ereignisse in der Ukraine und die damit verbundenen wirtschaftlichen Maßnahmen sich massiv auf ihren Geschäftsbetrieb auswirken. Knapp ein Drittel sagt, dass sie die Auswirkungen in einer mittleren Intensität spüren, ein weiteres Drittel berichtet von wenigen Auswirkungen. Nur weniger als jeder fünfte Betrieb berichtet von keinen Auswirkungen. Zum Vergleich haben wir die Betroffenheit durch coronabedingte Ausfälle mit abgefragt – hier melden 13,7 Prozent der Betriebe, dass sie insbesondere hiervon betroffen waren.“

Christof Burger, Vizepräsident der Handwerkskammer Freiburg, definiert zwei zentrale Bereiche, in denen die Auswirkungen besonders präsent sind:

„Zum einen sind das die Energiepreise. Hier melden über 90 Prozent unserer Betriebe Preissteigerungen in den vergangenen vier Wochen. Dabei sind vor allem Preissteigerungen um bis zu 50 Prozent vorherrschend – aber die Daten zeigen auch: Sogar eine Verdopplung der Preise und noch mehr wird gemeldet. Das wirkt sich natürlich zwangsläufig auf die Kalkulation der betroffenen Betriebe aus. Wie genau, wird sich erst noch zeigen müssen.

Genau so deutlich sind die Preiseffekte bei Material und Rohstoffen zu sehen. Auch hier melden fast 91 Prozent unserer Betriebe gestiegene Preise in den vergangenen vier Wochen. Bei fast der Hälfte der Unternehmen liegen diese Steigerungen zwischen 10 und 20 Prozent – aber auch mehr als 35 Prozent melden höhere Preissteigerungen. Wenn man einen genaueren Blick auf die fehlenden Rohstoffe und Materialien wirft, wird deutlich, dass insbesondere bei den Bau- und Ausbaugewerken, aber auch im Elektro- und Metallbereich zahlreiche Teuerungsvorgänge bestehen. Insbesondere Metalle, aber auch Dämmstoffe, Kunststoffe, Holz und Elektronik-Komponenten sind teurer geworden. Eine genaue Aussage darüber, in welchen Bereichen es besonders teuer wurde, ist kaum möglich: Nahezu alle Bereiche des Handwerks sind von Teuerungen betroffen.“

Kammerpräsident Ullrich resümiert:

„Unsere Zahlen und Ausführungen zeigen deutlich: Das Energiepaket der Bundesregierung ist zwar ein wichtiger Schritt zur Entlastung der Gesellschaft – für die Unternehmen reicht das aber nicht aus. Die Senkung der Steuern auf Benzin und Diesel sind ein guter Schritt. Aber für viele, gerade die energieintensiven Betrieben fehlen Entlastungen bei Strom und Gas. Außerdem sind damit noch keine Abminderungen der Preissteigerungen in Sicht. Hier ist vor allem die öffentliche Hand gefordert, Preisgleitklauseln zu nutzen – dabei sollte der Bund voran gehen, Land und Kommunen müssen folgen.“

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