Wenn ein Arzt bei einem Praxisverkauf nur seine Patientenkartei verkaufen möchte, dann verstößt das gegen die Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte. Somit ist der Kaufvertrag nichtig. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil entschieden.

Um diesen Fall geht es

Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Die Beklagte betrieb ebenfalls eine Zahnarztpraxis. Sie verfügte über einen Patientenstamm von rund 600 Patienten. Von den Vertragsparteien wurde ein Kaufvertrag mit der Bezeichnung „Kaufvertrag Patientenstamm“ unterschrieben. Dieser sah unter anderem folgende Regelungen vor:

  • Verkauf des Patientenstamms der privat- und vertragszahnärztlichen Praxis der Beklagten an den Kläger
  • Versorgung der Patienten der Beklagten durch den Kläger
  • Umleiten der Telefonanrufe auf den Telefonanschluss des Klägers
  • Umleiten der Internetaufrufe auf die Internet-Domain des Klägers

Darüber hinaus sollte der Kläger die Patientenkartei der Beklagten in Verwahrung nehmen. Als Kaufpreis für den Patientenstamm vereinbarten die Parteien eine Summe von 12.000 Euro. Dafür musste die Beklagte, wie vertraglich geregelt, ihre Patienten über die Beendigung ihrer Tätigkeit als Zahnärztin informieren. Zudem sollte sie bekannt geben, dass der Kläger die Patienten übernimmt und diesen empfehlen, die Behandlung durch den Kläger fortzusetzen.

Zu den Urteilsgründen

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) ist der zwischen den Vertragsparteien abgeschlossene Kaufvertrag über den Patientenstamm nichtig, also nicht gültig (Urteil vom 09.11.2021, Aktenzeichen VIII ZR 362/19). Der vereinbarte Verkauf des Patientenstamms verstößt eindeutig gegen berufsrechtliche Standesvorschriften. Das ist in Paragraph 8 Absatz 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte geregelt: „Dem Zahnarzt ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder eine sonstige wirtschaftliche Vergünstigung zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“ Auch eine Empfehlung ist eine Zuweisung im Sinne der Vorschrift, so die Ansicht der Richter.

Der BGH wies darauf hin, dass der Verkauf eines Patientenstamms – anders als der Verkauf einer Arztpraxis im Ganzen – rechtlich nicht möglich ist. Bei einem Patientenstamm handelt es sich nicht um eine dem verkaufenden Arzt zuzuordnende geschützte Rechtsposition (Artikel 14 Grundgesetz, Eigentumsgarantie).

Vom BGH wurden die Straftatbestände Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen nicht geprüft (Paragraphen 299a, 299b Strafgesetzbuch). Die Vorinstanz sah hier allerdings den Tatbestand beider Vorschriften als erfüllt an.

Das sollten Sie beachten

Der Verkauf eines isolierten Patientenstamms in der vorliegenden Form ist daher nicht möglich“, sagt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München. „Es ist zu berücksichtigen, dass die Berufsordnungen der anderen Landeszahnärztekammern identische oder ähnliche Regelungen, wie die Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte, enthalten.“

„Aber auch bei einem Kaufvertrag über eine Praxis im Gesamten ist von Verpflichtungen des Verkäufers, bestimmte Überleitungsmaßnahmen vorzunehmen, abzusehen“, rät Groove.

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