Mit seinen "ERC-Consolidator Grants" unterstützt der Europäische Forschungsrat (ERC) exzellente Wissenschaftler beim Ausbau ihrer unabhängigen Karriere. Christiane Opitz vom Deutschen Krebsforschungszentrum kann sich dieses Jahr über die prestigeträchtige ERC-Förderung freuen. Die zwei Millionen Euro Fördermittel ermöglichen ihr nun, die komplexe und widersprüchliche Rolle zu untersuchen, die ein zelleigener Rezeptor bei der Krebsentstehung spielt. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, Strategien zu entwickeln, wie der Rezeptor als Ziel von Krebstherapien beeinflusst werden kann.

Bei vielen Tumoren entscheidet der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AHR) darüber, wie die Krebserkrankung verläuft. Der Rezeptor kann durch eine große Vielzahl verschiedener zelleigener Bindungspartner (Liganden) aktiviert werden. In Krebszellen bewirkt die Aktivierung, dass eine Reihe von Genen abgelesen wird, die vielfach die Ausbreitung des Tumors fördern und ihn gleichzeitig vor einem Angriff durch Zellen des Immunsystems schützen. Doch nicht in jedem Fall wirkt die Aktivierung des AHR krebsfördernd. Unter bestimmten Bedingungen kann sie sogar verhindern, dass Tumoren entstehen und sich ausbreiten.

Welcher Ligand an den AHR bindet und welche Gene in der Folge abgelesen werden, ist in hohem Maße abhängig vom Zelltyp. Die Aktivierung unterschiedlicher Zielgene bewirkt unterschiedliche biologische Effekte und damit unterschiedliche klinische Verläufe der Krebserkrankungen. Auch der Zeitpunkt ist offenbar entscheidend: Während der Tumorentstehung scheint eine Aktivierung des AHR häufig vor einer Weiterentwicklung der Tumoren zu schützen. Bei etablierten Tumoren dagegen ist die AHR-Aktivierung eher krebsfördernd.

Mit dem nun vom ERC geförderten Projekt CancAHR will Christiane Opitz systematisch untersuchen, in welchem Zelltyp der AHR durch welche Liganden aktiviert wird, welche Zielgene dadurch jeweils abgelesen werden und welche klinischen Folgen daraus resultieren. Der jungen Wissenschaftlerin, die eine Forschungsabteilung im DKFZ leitet, hat die Fachwelt bereits zahlreiche wesentliche Erkenntnisse über die Bindungspartner des AHR sowie über die Folgen der AHR-Aktivierung auf Tumorzellen zu verdanken.

Ziel ihres neuen Forschungsprojekts ist es, die Komplexität der AHR-Aktivierung und der AHR-Effekte besser zu verstehen. Opitz und ihr Team wollen künftig vorhersagen können, bei welchen Krebspatienten der AHR eine Rolle spielt. Ist eine solche Stratifizierung möglich, so könnten in präklinischen und klinischen Studien neue Behandlungsstrategien erprobt werden, die darauf abzielen, die Aktivität des AHR mit zielgerichteten Wirkstoffen zu modulieren: Seine tumorfördernde Wirkung zu unterdrücken und die Immunabwehr gegen die Krebszellen wiederherzustellen. Der ERC fördert das Forschungsvorhaben über fünf Jahre mit insgesamt zwei Mio. Euro.

Christiane Opitz absolvierte parallel zu ihrem Medizinstudium in Heidelberg, den USA, Schweden und der Schweiz einen Masterstudiengang in Molekularer Zellbiologie. Nach ihrer Promotion zum Doktor der Medizin forschte sie als Postdoc an der Universität Indianapolis, USA, an der Universität Tübingen und schließlich am DKFZ in Heidelberg. 2013 baute Christiane Opitz am DKFZ eine Nachwuchsgruppe auf, seit diesem Jahr leitet sie eine Forschungsabteilung. Opitz wurde bereits mit zahlreichen hochrangigen Wissenschaftspreisen ausgezeichnet: mit dem Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, dem Bayer Early Excellence Award, dem Hella Bühler Preis der Universität Heidelberg oder dem Ita Askonas-Preis der European Federation of Immunological Societies.

Über Deutsches Krebsforschungszentrum

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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