Am Vorbild einiger Elite-Universitäten in den USA richtete sich das deutsche Hasso-Plattner-Institut (HPI) aus, als es vor genau zehn Jahren, am 3. September 2012, Europas erste offene Internet-Lernplattform schuf: openHPI. Diese vermittelt seitdem in kostenlosen Onlinekursen digitales Grundwissen an alle Interessierten – in deutscher und englischer Sprache. Eine Chronologie der Bildungsinnovation finden Sie hier. Dass die von Deutschland aus vorangetriebene europäische Bildungsinnovation nun ins Teenager-Alter kommt, feiern die E-Learning-Experten des Potsdamer Instituts auf einer Konferenz am 20. und 21. Oktober. Titel des openHPI-Forums: "10 Jahre openHPI-MOOCs: Gemeinsam die Zukunft der Bildung gestalten".

"Massive Open Online Courses, kurz MOOCs genannt, hatten die Stanford University, an der es seit 2005 das Hasso Plattner Institute of Design gibt, und einige weitere Elite-Unis der USA schon 2011 erprobt", erinnert HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel an die Pionierzeit. Dass diese universitären Onlinekurse Weiterbildung einfacher, flexibler und demokratischer machen, sei schnell klar geworden, so der Informatikwissenschaftler: "Schließlich benötigt man nicht unbedingt ein Abitur, es gibt auch keine anderen Zugangshürden und die Teilnehmenden können frei über Lernzeit und Lernort entscheiden".

Breite Öffentlichkeit wird beim digitalen Wandel mitgenommen

Der HPI-Stifter, Wissenschaftsmäzen und SAP-Mitgründer Prof. Hasso Plattner, war nach Meinels Worten sofort begeistert von dem aufkommenden Trend. "Er regte an, dass wir am HPI schnell ebenfalls solch ein Angebot machen und damit helfen, die digitale Allgemeinbildung zu verbessern sowie die breite Öffentlichkeit beim digitalen Wandel der Gesellschaft mitzunehmen", berichtet der Institutsdirektor. Weil Plattners Stiftung sämtliche Kosten trägt, kann das deutsch- und englischsprachige openHPI-Angebot gratis genutzt werden – sowohl von Einsteigern als auch Profis. "Seitdem sind immer mehr Menschen motiviert, im Internet multimedial, mit spielerischen Komponenten und im selbstbestimmten Tempo zu lernen", sagt E-Learning-Experte Meinel.

Mittlerweile kommt openHPI auf über 1,1 Millionen Einschreibungen von mehr als 305.000 Personen aus rund 180 Ländern. Für die erfolgreichsten Lernenden stellte das renommierte Institut bereits mehr als 126.000 Zertifikate aus. Die Zahlen wachsen ständig. Das beweise, dass das Uni-Institut für die schnelle und massenhafte Verbreitung neuesten Wissens eine wichtige Funktion übernommen habe, sagt der Institutsdirektor, der auch das HPI-Fachgebiet Internet-Technologien und -Systeme leitet. Zusammen mit seinem Team konzentriert Meinel die Inhalte der Onlinekurse auf Themen der Informationstechnologie und Innovation – zwei Bereiche, in denen sich das Wissen besonders schnell ändert und der Weitbildungsbedarf entsprechend hoch ist.

Das breite Themenspektrum reicht von Programmiersprachen über Internetsicherheit und Quantum Computing bis hin zur Blockchain-Technologie, maschinellem Lernen, Fragen künstlicher Intelligenz und dem Innovationsansatz Design Thinking. Mittlerweile sind rund 100 Kurse fürs Selbststudium verfügbar. Jährlich starten auf openHPI etwa ein Dutzend neuer, aktueller Angebote.

HPI-Direktor gehört zu den erfahrensten Tele-Teaching-Pionieren

Meinel ist einer der erfahrensten deutschen Tele-Teaching-Pioniere. Schon vor zwanzig Jahren, am 29. Oktober 2002, initiierte er – damals noch von der Universität Trier aus – eine ungewöhnliche Form des globalen E-Learnings. Der Professor ließ seine vor deutschen Informatik-Studenten auf Englisch gehaltene Vorlesung "Schwachstellen und Angriffspunkte im Internet" übers World Wide Web live in einen Hörsaal der Technischen Universität Peking übertragen. Für diese "Internet Bridge" – so der Projektname – erlaubte es die Volksrepublik China ihren Studierenden erstmals, live an Online-Vorlesungen einer ausländischen Universität teilzunehmen.

Vom Startjahr 2012 an – dem "Year of the MOOC", zu dem es die New York Times proklamierte – richtete Meinel die Plattform openHPI vor allem auf wissensdurstige Berufstätige aus, die sich weiterbilden wollen, um die Anforderungen der sich rasant entwickelnden Digitalisierung zu meistern. "Die meisten Online-Lerner auf openHPI gehören zur Altersgruppe 30 bis 39 Jahre und haben meistens schon eine Berufserfahrung von mehr als zehn Jahren", sagt der Institutsleiter. Allerdings reiche die Altersspanne der Teilnehmenden von "von 8 bis 88 Jahren, von Schülerinnen und Schülern bis hin zu Rentnerinnen und Rentnern". Der Frauenanteil betrage knapp 20 Prozent.

Online-Lernende hauptsächlich aus 60 Städten im In- und Ausland

Die Online-Lernenden auf openHPI konzentrieren sich vor allem auf rund 60 Städte im In- und Ausland, so eine Auswertung des Instituts. Auf den fünf Spitzenplätzen stehen die deutschen Großstädte Berlin, Hamburg, Frankfurt/Main, München und Stuttgart – in dieser Reihenfolge. Aber auch Wien und Zürich sowie die indischen Millionen-Metropolen Bangalore, Chennai, Mumbai und Neu Delhi sowie Istanbul, Kairo, London, Moskau, Singapur und Sydney sind in der Liste mit den wichtigsten Standorten der openHPI-Lernenden vertreten.

Nach Meinels Worten bemühen sich die Kursleitenden, also Professoren, Doktoranden, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende, sehr um Allgemeinverständlichkeit. Sie präsentieren in den zwei bis sechswöchigen Onlinekursen Lehrvideos, bieten vertiefenden Lesestoff und Selbsttests an, lassen Hausaufgaben erledigen und führen Prüfungen durch. "Mit spielerischen Elementen versuchen wir, genügend Kurzweil zu erzeugen und freuen uns auch, wenn die Teilnehmenden im Kursforum munter mit uns und unter sich diskutieren", sagt Meinel.

Auch Unternehmen und Institutionen nutzen HPI-Lerntechnologie

Erfreut ist der HPI-Direktor darüber, dass digitales Lernen für jedermann nicht auf den universitären Bereich beschränkt blieb, sondern mittlerweile auch eine Karriere in der Wirtschaft sowie in Institutionen und Behörden angetreten hat. Beispiele seien etwa die Bildungsplattform openSAP des Walldorfer Softwarekonzerns und OpenWHO, die Plattform der Weltgesundheitsorganisation. Beide arbeiten mit der E-Learning-Technologie des HPI.

Weitere Anwendungsfelder der openHPI-Lerntechnologie seien in Deutschland der KI-Campus und der eGov-Campus. Für Unternehmen und Institutionen, die mit selbst produzierten Bildungsinhalten schnell viele Teilnehmende schulen wollen, bietet das HPI zudem die Plattform mooc.house an. Sie wird bereits zum Beispiel von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Charité, der Universitätsmedizin Berlins, genutzt. Auch im schulischen Bereich schoben E-Learning-Experte Meinel und sein HPI-Team Bildungsinnovationen an – etwa mit dem Pilotprojekt einer "Schul-Cloud" und mit der Lehrkräfte-Plattform Lernen.cloud. Sie bietet Gratis-Inhalte und -Werkzeuge, mit denen Pädagoginnen und Pädagogen die kommende Generation in moderner Form auf die Digitalisierung einstellen können.

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