Der weltweite Handel zeigt im August eine recht deutliche Gegenbewegung zu den schwachen Sommermonaten. Die Werte des Kiel Trade Indicator für den Welthandel und auch für den Handel großer Volkswirtschaften liegen allesamt im grünen Bereich und zeigen teilweise deutliche Steigerungen gegenüber dem Vormonat Juli an (preis- und saisonbereinigt). In Russlands Häfen steigt die Anzahl ankommender Containerschiffe sprunghaft an und liegt trotz Sanktionen und einem schwachen Rubel fast auf dem Niveau vor Ausbruch des Krieges. Der Stau vor dem Panamakanal ist für den globalen Warenhandel von geringer Bedeutung. 

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator weist für den Welthandel im August im Vergleich zum Vormonat Juli ein Plus von 0,9 Prozent aus (preis- und saisonbereinigt). 

Für Deutschland liegen die Augustwerte sowohl für Exporte (+1,8 Prozent) als auch Importe (+1,5 Prozent) recht eindeutig im Plus. „Die Zahlen weisen auf eine Erholung im deutschen Handel hin, nachdem das Statistische Bundesamt unlängst für die Juli-Exporte noch einen Rückgang vermeldet hatte. Im Gegensatz zum Kiel Trade Indicator sind die Werte allerdings nicht inflationsbereinigt. Ob deutsche Exporte wirklich eine Trendwende vollziehen, bleibt abzuwarten. Durch die schwache globale Konjunktur ist der Bedarf nach neuen deutschen Maschinen und anderen Investitionsgütern eher rückläufig“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator. 

Auch die Vorzeichen für den EU-Handel sind positiv, Exporte (+2,6 Prozent) liegen spürbar, Importe (+0,6 Prozent) leicht im Plus. Für die USA zeigt der Kiel Trade Indicator bei Exporten (+1,8 Prozent) und Importen (+0,6 Prozent) nach oben. Auch China dürfte im August mehr Waren handeln als im Juli, wobei die Exporte (+5,8 Prozent) einen weitaus größeren Sprung machen dürften als die Importe (+0,5 Prozent), die sich nur leicht über dem Vormonatsniveau bewegen.

Die insgesamt positiven Augustzahlen für den globalen Handel werden auch durch Zahlen zu verschifften bzw. im Stau stehenden Waren unterstützt. Die Menge an verschifften Standardcontainern steigt im August leicht auf fast 14 Millionen, der davon im Stau befindliche Anteil sinkt auf rund 7,5 Prozent, was im historischen Maßstab nicht ungewöhnlich ist.

Dabei hat der Stau vor dem Panamakanal für den globalen Warentransport praktisch keine Auswirkungen, nur 0,5 Prozent der weltweiten Frachtkapazität stecken dort fest. „Nur ein Bruchteil der weltweiten Containerflotte ist durch das Niedrigwasser im Panamakanal beeinträchtigt. Das liegt einerseits daran, dass aufgrund von Dimensionsbeschränkungen der Schleusen die größten Containerriesen den Kanal ohnehin nicht ansteuern, zum anderen werden wartende Containerschiffe von der Kanalbehörde bei der Abwicklung bevorzugt, so dass vor allem Chemie-, LNG-, oder Öltanker feststecken“, so Stamer.

Aktivität in Russlands Häfen nähert sich Vorkriegsniveau

Überraschend hoch ist die Aktivität in Russlands Häfen. Erstmals seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs nähert sich die gelöschte Warenmenge der drei größten russischen Containerhäfen St. Petersburg, Wladiwostok und Noworossijsk wieder den Werten von vor Ausbruch des Krieges an. 

Insbesondere Ankünfte im bedeutendsten Containerhafen Russlands, St. Petersburg, waren zwischenzeitlich um 90 Prozent eingebrochen und stiegen in den vergangenen Wochen sprunghaft an. „Woher die Güter stammen, ist anhand der Containerschiffsbewegungen nicht zweifelsfrei zu bestimmen, jedoch scheint Russland wieder mehr und mehr am Welthandel teilzuhaben. Aufgrund der Sanktionen der westlichen Nationen und des sinkenden Rubelwertes ist diese Entwicklung ernüchternd“, so Stamer.

Die nächste Aktualisierung des Kiel Trade Indicator erfolgt am 5. Oktober (mit Medieninformation für die Handelsdaten im September 2023).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle 75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator.

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von 75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat. 

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung) für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen. Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch für Länder ohne eigenen Tiefseehafen. 

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.

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