Ohne Moos bekanntlich nix los. Droht das dieser Tage schon wieder – und das womöglich bundesweit? Die Gewerkschaft Verdi hat die Geldboten in neun Bundesländern für Freitag, den 13. Januar, zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Es geht um höhere Löhne. Da insbesondere im Bezirk Berlin-Brandenburg mit einer hohen Beteiligung gerechnet wird, sei dort bei der Bargeldversorgung und Bestückung von Geldautomaten am Wochenende mit Einschränkungen zu rechnen. Am Montag sollen die Streiks in Hannover weitergehen. Gestreikt wird laut Ankündigung des Verdi-Bundesvorstands in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Bayern.

Die Berliner erinnern sich noch gut an den Mai vor zwei Jahren. Wochenlang waren die Mitarbeiter eines großen Potsdamer Geldtransport-Unternehmens im Ausstand, was fast zu „griechischen Verhältnissen“ geführt hatte: Das Bargeld wurde knapp. Auch diesmal wird eine hohe Streikbeteiligung bei ganz bestimmten Firmen erwartet. Viele fragen sich deshalb, warum die Banken nicht zumindest vorübergehend auf die Dienste anderer Geldtransporteure zurückgreifen, die nicht oder nur wenig von den Streiks betroffen sind. Ganz einfach: Den Öffnungs-Code der Schlösser in den Automaten kennen oft nur die Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens. Und die stehen streikbedingt ja nicht zur Verfügung.

„Unglaublich einfach“

Dieses Problem hätte die Frankfurter Sparkasse nicht, denn sie setzt auf eine pfiffige Techniklösung. „Ich bin froh, dass wir Maßnahmen ergriffen haben, damit unsere Kunden davon nicht betroffen werden können“, sagt Norbert Wayand, Leiter der Abteilung Bargeldlogistik.

Angefangen hat die Sache eigentlich unter ganz anderen Vorzeichen. Es war 2012, als deutschlandweit Bankinstitute eine Reihe nicht nachvollziehbarer Öffnungen von Geldautomaten zu verzeichnen hatten. Dies nahm Wayand zum Anlass, sich an Daniela Kaiser, Vertriebschefin der Firma Lock Your World aus dem hessischen Bad Orb, zu wenden, die ein völlig neues Schließsystem entwickelt hatte. Dieses Sicherungssystem überzeugte ihn durch seine Einfachheit. Die Lösung per so genanntem Einmal-Code heißt pylocx und besteht aus vier Komponenten: erstens der mobilen PIN-Tastatur „pyKey“, die zum Öffnen an – zweitens – eine Kontaktstelle gehalten wird, drittens ein Steuermodul und schließlich ein Schloss. Das hört sich zunächst wenig spektakulär an. Der Clou liegt in der Organisation: Jeder pyKey ist nicht nur der jeweiligen Geldtransportfirma zugeordnet, sondern auch dem einzelnen Mitarbeiter und dem jeweiligen Schloss. So lässt sich nachvollziehen, wer wann die Geldautomaten geöffnet hat.

„Hinzu kommt, dass das System zwar onlinefähig ist, aber seine Stärke erst in der Offline-Version so richtig ausspielt. Dabei wird der PIN-Code nicht übers Internet übertragen, sondern per Mobiltelefon beim Administrator abgefragt“, so Daniela Kaiser. Den Code gibt man nun am pyKey ein und hält diesen an die Kontaktstelle. Jetzt tauschen die Komponenten elektromagnetische Signale aus. Das Steuermodul überprüft nun den Code und die Berechtigung des pyKeys. Ist beides in Ordnung, öffnet sich das Schloss – und der Code verfällt. Die die Codes generierende Datenbank für pylocx – und sozusagen die „Hoheitsrechte“ über den Geldautomaten – ist bei der Frankfurter Sparkasse angesiedelt. Und eben nicht beim Geldtransporteur oder einem anderen Dienstleister. „Somit geben wir die Sicherheit nicht aus unseren Händen und entscheiden selbst, wer öffnungsberechtigt ist und wer nicht“, sagt Wayand.

Geldtransporteure müssen „pylocx-fähig“ sein

Auf Grund der positiven Erfahrungen mit pylocx setzt die Frankfurter Sparkasse bei ihren Dienstleistern die Nutzung des Systems voraus. Entsprechend müssen die Geldtransporteure „pylocx-fähig“ sein und beispielsweise pyKeys anschaffen. Und in diesem Zusammenhang zeigt sich auch, was das Schließsystem so „streikresistent“ macht: Fällt der eine Dienstleister aus, genügt ein Mausklick, um die Berechtigungen auf die pyKeys eines anderen zu übertragen. „Auch wenn ein Geldtransporteur Insolvenz anmeldet, bleibt die Bargeldversorgung gesichert“, erklärt Daniela Kaiser.

Pilotprojekt bei der Frankfurter Sparkasse war 2013 der Geldautomat im Einkaufszentrum „Skyline Plaza“ im Westen der Mainmetropole. Da pylocx ohne die geringsten Probleme funktioniert, hat die Sparkasse bis heute über 200 Geldautomaten damit ausgerüstet. Und das nicht nur unter Sicherheitsaspekten, sondern auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit, denn das System senkt die Kosten der Bargeldlogistik.

Unabhängige Stromversorgung, vor Vandalismus gefeit

Lock Your World-Vertriebschefin Kaiser hat noch weitere Argumente für ihre Technik: „Mit der mobilen Tastatur lässt sich das System auch bestromen und schafft damit dank eines integrierten Akkus Unabhängigkeit von externer Stromversorgung. Das senkt auch die Betriebskosten, denn man muss zum Beispiel keine Wartungsfahrten unternehmen, um leere Batterien auszutauschen. Das macht sich gerade bei Anwendungen im Außenbereich bemerkbar.“

Ein weiterer Punkt: Vandalismus. „Das war vor allem bei den Frontloadern unter den Geldautomaten ein großes Problem, für das es lange keine Lösung gab. pylocx hat das geändert – das toppt so schnell keiner“, ist Wayand begeistert. Die Kontaktstelle – eine magnetische Fläche, die an eine Blende erinnert und an die der pyKey andockt – ist nämlich aus Stahl gefertigt und im Geldautomaten „versenkt“, sodass es keine Angriffsmöglichkeiten gibt. Weder Schloss noch Schlüssellöcher oder andere Öffnungen sind sichtbar.

Wohl also den Verbrauchern, deren Banken mit pylocx arbeiten. Sie werden unter den neuerlichen Streiks wohl kaum zu leiden haben.

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